Hundsangen - Stellen Sie sich vor, sie könnten sich nur von einem einzigen Lebensmittel ernähren, das es nur an wenigen Orten gibt. Auch schlafen, eine Familie gründen und Ihre Kinder großziehen könnten Sie nur dort. Für den Winter müssten Sie jedes Jahr umziehen, weil Ihre Nahrung nicht verfügbar ist. Ins Winterquartier kämen Sie aber nur, wenn Sie zufällig auf die Gastwirt*innen treffen. Ganz schön eingeschränkt, oder?
(Foto: Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling - Marcel Weidenfeller)
So geht es den beiden Schmetterlingsarten Heller und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, deren Überleben an das Vorkommen gleich mehrerer Wirtsarten gebunden ist. Der Große Wiesenknopf (Blume des Jahres 2021) bietet den erwachsenen Faltern Nahrung sowie einen Ruhe-, Paarungs- und Eiablageplatz und auch die Raupen ernähren sich in den ersten Wochen ausschließlich von der Blüte des Wiesenknopfs. Später ziehen die Raupen zur Überwinterung in ein Ameisennest um, müssen dafür aber erst einmal von bestimmten Ameisen gefunden werden. Da die Wiesenknopf-Bestände zurückgehen, nicht zur rechten Zeit blühen oder die richtigen Ameisen nicht (mehr) vorkommen, ist das Überleben der beiden Falterarten gefährdet.
Um dem entgegenzuwirken, haben der NABU Hundsangen und die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU) am vergangenen Freitag gemeinsam eine Pflanzaktion durchgeführt. In Hundsangen konnte der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im letzten Sommer auf einer Fläche mit geringem Wiesenknopf-Bestand nachgewiesen werden, weshalb die Pflanzen-Population durch die Aktion von NABU und SNU gestärkt wurde. 11 Freiwillige, ausgerüstet mit Setzlingen, Pflanzmessern und Gießkannen, konnten innerhalb von 1,5 Stunden ca. 70 Pflanzen in die Erde bringen.
Marcel Weidenfeller, Vorsitzender der NABU Gruppe Hundsangen und Eigentümer der bepflanzten Fläche ist begeistert: „Trotz meiner schon über 30-jährigen Arbeit für den NABU hier vor Ort, freue ich mich bei jeder Aktion aufs Neue, wenn wir etwas für die Natur erreichen können.“ und weiter „Da ist es für mich selbstverständlich, dass ich auch ganz persönlich mit meiner Fläche einen Beitrag für die Artenvielfalt leiste.“ Die Fläche wurde bereits in den vergangenen Jahren vom NABU zu einem Mosaik verschiedener Kleinstlebensräume für Arten wie Wildbienen und Amphibien eingerichtet.
Organisiert wurde die Aktion vom Artenschutzprojekt Wiesenknopf-Ameisenbläulinge der SNU. Das Projekt ist seit 2020 in den Landkreisen Ahrweiler, Altenkirchen, Neuwied und im Westerwaldkreis aktiv um die gefährdeten Falter ausfindig zu machen und ihre Lebensumstände zu verbessern. Dabei liegt ein Schwerpunkt des Projektes auf der Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft.
„Ohne die Unterstützung der Landwirtschaft könnten wir das Projekt nicht durchführen. Wir sind sehr dankbar, dass wir einige Landwirt*innen für das Projekt gewinnen konnten.“ so Leah Nebel, Projektleitung des Artenschutzprojektes. Die Landwirt*innen passen dabei ihre Flächennutzung so an, dass die Schmetterlingspopulationen überleben können. Dafür nehmen sie Nutzungseinschränkungen in Kauf, die über Projektmittel finanziell ausgeglichen werden. „Wir wissen, dass wir mit unseren Einschränkungen viel verlangen. Daher sind besonders kleine Flächen wichtig, die oft einfacher erübrigt werden können.“ führt Nebel aus. Da die Schmetterlinge auch auf kleinen Flächen gute Populationen bilden können, reichen bereits Randstreifen, kleinere ungenutzte oder weniger ertragreiche Bereiche aus. Hauptsache der Große Wiesenknopf und die Ameisen sind ausreichend vorhanden. So wie jetzt auch auf der Fläche bei Hundsangen, die mit knapp 5.000 m² zu den größeren Flächen im Projekt gehört. „Wenn die neuen Pflanzen in den kommenden Jahren blühen, kann die Fläche mehr Schmetterlingen einen Lebensraum bieten. Und auch andere Insektenarten können von dem zusätzlichen Nahrungsangebot profitieren.“ freut sich Linda Müller, ebenfalls Mitarbeiterin im Artenschutzprojekt der SNU.
Wer jetzt Lust bekommen hat, die Schmetterlinge und ihre Wirtspflanze in echt zu sehen, kann an einer der geplanten Projektveranstaltungen teilnehmen oder im Herbst beim Pflanzen oder Saatgut sammeln helfen: https://snu.rlp.de/de/projekte/wiesenknopf-ameisenblaeulinge/snu-eigenprojekt/news/
Hundsangen, März 2020
Die Gruppe Hundsangen des Naturschutzbund (NABU) hat jetzt ein neues Naturschutzprojekt gestartet. Ziel des Projektes ist die ökologische Aufwertung einer Wiesenfläche in der Gemarkung Hundsangen. Auf der Wiesenfläche führt die NABU-Gruppe Hundsangen verschiedene Maßnahmen zur Strukturanreicherung für teils seltene und stark gefährdete Tierarten durch. So werden beispielsweise durch Baggerarbeiten ein großer, mit Ton ausgekleideter Flachwassertümpel von 500 qm Größe und ein Grabenbereich für Amphibien geschaffen. Außerdem werden Rohbodenflächen und Erdwände als Brutmöglichkeiten für solitär lebende Wildbienen angelegt und die Wiesenfläche mit Strukturelementen wie Steinhaufen für Kleinsäuger und Reptilien, einer Benjeshecke und Solitärbäumen angereichert. Durch diese Maßnahmen entstehen ein wertvoller Lebensraum und ein wichtiger Trittstein für wandernde Tierarten in der Agrarlandschaft. „Bei dem Projekt ist es uns wichtig, die bereits vorhandene Situation auf der Fläche bestmöglich für unsere Naturschutzziele zu nutzen und die für diesen Lebensraum typischen Arten zu fördern. Im Bereich des jetzt neu geschaffenen Tümpels beispielsweise staute sich ohnehin in fast jedem Jahr Wasser, sodass wir hier immer wieder einzelne Arten beobachten konnten, die jetzt im Fokus unseres Projekts stehen, erläutert Marcel Weidenfeller, stellvertretender Vorsitzender der NABU-Gruppe Hundsangen und Flächeneigentümer.
Die Wiesenfläche soll in Zukunft weiterhin von einem lokalen Landwirt bewirtschaftet werden, wobei sich die vorgesehene extensive Heunutzung und Rinderbeweidung an naturschutzfachlichen Kriterien orientieren soll. Um die Beweidung zu ermöglichen, hat die NABU-Gruppe Hundsangen bereits einen festen Weidezaun installiert. Im Rahmen des Projektes soll nicht nur der Lebensraum optimiert, sondern auch aufgezeigt werden, wie Landwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand gehen können. Dementsprechend stehen aktuell im Rückgang befindliche Arten der Agrarlandschaft im Fokus des Projektes. „Mit diesem neuen Naturschutzprojekt wollen wir wie auch in vielen anderen Projekten unserer NABU-Gruppe u. a. demonstrieren, wie man in der Agrarlandschaft mit relativ einfachen Maßnahmen Lebensräume für eine Vielzahl an Arten mit unterschiedlichen Ansprüchen schaffen kann“, sagt Marcel Weidenfeller hierzu.
Das neue Wiesenprojekt wurde vom Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz aus Mitteln der „Aktion Grün“ finanziell gefördert. Es reiht sich ein in eine Reihe weiterer Naturschutzprojekte der NABU-Gruppe Hundsangen in der Verbandsgemeinde Wallmerod. Hierzu gehören u.a. die Anlage und Pflege von ökologisch wertvollen Streuobstwiesen mit Fortpflanzungsmöglichkeiten für Steinkäuze und Fledermäuse ebenso wie 1.500 Metern Feldhecken und Blühstreifen als Strukturelemente und Wanderkorridore für Heckenvögel wie Neuntöter und Goldammer sowie für verschiedene Niederwild- und Insektenarten.
Naturinteressierte Personen, die Lust haben, im neuen Wiesenprojekt der NABU-Gruppe Hundsangen mitzuarbeiten, können sich über nabu.hundsangen@nabu-rlp.de an die NABU-Gruppe wenden.
Text: Jonas Krause-Heiber
Fotos: Marcel Weidenfeller/Martin Dietz