Vögel und Fledermäuse bekommen neuen Wohnraum

NABU-Ehrenamtliche bringen Nist- und Fledermauskästen rund um die Westerwälder Seenplatte an

Foto: Wolfgang Burens
Foto: Wolfgang Burens

Dreifelden, 11.09.2021 - In einer von den NABU-Gruppen Kroppacher Schweiz und Hundsangen organisierten Aktion trafen sich am 11.09.2021 engagierte Naturschützer, um insgesamt fast 50 Nisthilfen rund um den, Brinken-, Post-, Haus-, Haiden- und Dreifelder Weiher anzubringen. Die Meisenkästen, Halb-höhlen, sowie Fledermauskästen bereichern das Höhlen- und Quartierangebot für Vögel wie verschiedene Meisenarten, Kleiber Trauer- und Grauschnäpper, sowie Bachstelze, Gebirgstelzen und Fledermäuse an der Seenplatte. Zur Unterstützung der einheimischen Fledermausarten brachten die Ehrenamtlichen spezielle Fledermaus-Quartierkästen an geeigneten Stellen fachgerecht an. Dadurch sollen Arten wie Bechstein-, Fransen-, Wasserfledermaus sowie Langohren und Große Abendsegler gefördert werden. Die von der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe finanzierte Maßnahme dient dem Artenschutz in den Naturschutz- und Natura-2000-Gebieten der Westerwälder Seenplatte. Insbesondere helfen die Kästen, mehr über die vorkommenden Arten zu erfahren und den Bestand der gefährdeten Fledermausarten, sowie in Baumhöhlen brütenden Vogelarten zu stabilisieren.


Fledermausschutz

Heimische Fledermäuse – heimelig, nützlich und gefährdet

 

Es ist noch gar nicht lange her, dass die heimischen Fledermäuse zu den Tieren gezählt wurden, die mit dem Unheimlichen und Mystischen in Zusammenhang gebracht wurden. Jene Abscheu basierte auf der Unkenntnis dieser harmlosen, dafür äußerst interessanten Lebewesen. Aufgrund der effektiven Aufklärungsarbeit vieler Fledermausfachleute wurde das wachsende Wissen um diese gefährdeten, fliegenden Säugetiere auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So vollzog sich in den letzten Jahrzehnten ein Meinungsumschwung vom blutsaugenden Vampir zum faszinierenden Luftakrobaten und wendigen, insektenvertilgenden Nützling. Grundsteine zur Fledermausforschung in heimischen Gefilden setzte Georg Fahl aus Meudt-Eisen und Leander Hoffmann aus Obererbach bereits in den frühen 1980er Jahren für die Verbandsgemeinde Wallmerod und einem Großteil des Westerwaldkreises. Weitere Mitstreiter wie Marcel Weidenfeller (Hundsangen), Markus Metternich (Steinefrenz), Philipp Schiefenhöfel (Molsberg), Klaus Lamboy (Langenhahn) u.a. begannen Mitte der 1990er Jahre mit der Erfassung der Fledermäuse im unteren Westerwald.

Mittlerweile werden allein in der Verbandsgemeinde Wallmerod über 200 Fledermauskästen insbesondere von Marcel Weidenfeller, Leander Hoffmann und Georg Fahl betreut. Darüber hinaus führen Mitglieder des NABU-Arbeitskreises Fledermausschutz Hundsangen Kontrollen ausgewählter Winterquartiere im Westerwald durch.

Auch durch weitere Untersuchungsmethoden wie Netzfänge und Lichtschrankenerfassungen von Fledermäusen und deren Ergebnisse wurde das Bild so mancher westerwälder Fledermausart in ein neues Licht gerückt.

Um die heimischen Fledermäuse einer größeren Öffentlichkeit Nahezubringen und damit für den Schutz der oft in unserer unmittelbaren Nachbarschaft lebenden Tiere zu werben, soll die Vorstellung einzelner Fledermausarten das Interesse wecken, sich einmal selbst mit Fledermäusen zu beschäftigen bzw. den Tieren z. B. bei ihrer „Wohnungssuche“ in menschlichen Behausungen zu helfen.

Stefan Tietjen (Bad Berleburg/Stünzel) und Michael Frede (Kreuztal-Ferndorf), Mitarbeiter des Arbeitskreises Fledermausschutz in Siegen-Wittgenstein, stellten uns dankenswerter Weise die nachfolgenden Texte zu den einheimischen, in unserer Region nachgewiesenen Fledermausarten zur Verfügung.


Großes Mausohr (Foto: Marcel Weidenfeller)
Großes Mausohr (Foto: Marcel Weidenfeller)

Das „Große Mausohr“ – Traditionalist im Winterquartier

 

 

Scheinbar hektisch wandern die Lichtkegel der Taschenlampen im Dunkel des Schieferbergwerkstollens über die spaltenreichen Wände und Decken. Fledermausforscher sind es, die die Bestände und Arten überwinternder Fledermäuse zählen. Plötzlich verharrt einer der Lichtkegel auf einem Gegenstand der frei von der Decke hängt. Fast wie ein kleines Säckchen hängt dort eine Fledermaus. Leblos wirkt das im Winterschlaf befindliche Tier. Doch es dauert nicht lange und das Große Mausohr, unsere größte heimische Fledermaus, beginnt zitternd ihren Kreislauf anzukurbeln. Um das Tier nicht weiter zu beunruhigen, setzen die Forscher ihren Weg fort, nachdem sie die Art in ihrem Notizbuch vermerkt haben.

Das Mausohr muss, wie alle Fledermäuse im Winter, in dem es keine Nahrung aufnehmen kann, mit seinen Fettvorräten haushalten. Häufigere Beunruhigungen können zu einem vorzeitigen Verbrauch der lebensnotwendigen Fettdepots und damit zum Tod der Tiere führen.

Mausohren aus dem hessische Ort Niederzeuzheim und dem rheinland-pfälzischen Ort Streithausen  suchen offenbar traditionsbedingt, unterwesterwälder Bergwerkstollen auf. Wie Ringablesungen von beringten Mausohren ergaben, stammen einige Tiere aus den genannten Orten. Dort befinden sich nämlich große Wochenstuben (Weibchen mit Jungtieren) in zwei Kirchen, die von Fledermaus-schützern betreut und teils automatisch gezählt werden. Mit einer Spannweite von bis zu 43 cm legen die Tiere pro Strecke 10 bis 50 km zu den Winterquartieren zurück

Wer die Gelegenheit hat, einem Mausohr ins Maul zu schauen, kann seine kräftigen, spitzen Zähne bewundern. Sie zeigen, dass sich die Art von größeren Insekten ernährt, genauer gesagt, bevorzugt von Laufkäfern, die besonders harte Flügeldecken haben. Diese werden jedoch ohne große Mühe von dem kräftigen Gebiss geknackt.

 

Wussten Sie,... dass Mausohren ihren Winterschlaf nicht selten unterbrechen, um andere Hangorte oder sogar andere Quartiere aufzusuchen? Die einzelnen Winterschlafphasen der Tiere dauern nämlich selten länger als 6 Wochen.


Kleine Bartfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)
Kleine Bartfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)

Die „Kleine Bartfledermaus“ – Verkannter Zwilling

 

 

H. Kuhl aus Hanau, einer der berühmtesten Fledermausforscher, entdeckte und beschrieb im Laufe seines Lebens nicht weniger als 7 neue Fledermausarten für die Wissenschaft. Unter ihnen war auch 1819 die „Bartfledermaus“. Seit dieser Erstbeschreibung gingen fast 140 Jahre ins Land, bevor ein weiterer Fledermausforscher namens Topal sich dieser „Art“ erneut annahm und sie intensiver untersuchte. Ihm und anderen Naturwissenschaftlern war nämlich im Laufe der Zeit aufgefallen, dass bei den bisher untersuchten Bartfledermäusen deutliche Größenunterschiede und weitere anatomische Abweichungen ins Auge stachen. Diese konnten nicht mehr mit einer natürlichen Variationsbreite der Art begründet werden. Topal war sich sicher, dass hinter der Bartfledermaus zwei verschiedene Arten stecken mussten. Er sollte Recht behalten. Die andere Art bezeichnete man fortan als „Kleine Bartfledermaus“.

Der Grund für die Namensgebung der Kleinen Bartfledermaus bezieht sich neben ihrer geringen Größe, auf das dunkle, dicht behaarte Schnäuzchen, welches einem Bart nicht unähnlich ist. Mit ihren breiten Flügeln und einer Flügelspannweite von ca. 20 cm, die man mit der einer Blaumeise vergleichen kann, ist die lebhafte Kleine Bartfledermaus äußerst wendig und damit hervorragend daran angepasst, Insekten im Bereich von Hecken, Waldrändern oder um Straßenlaternen herum zu jagen. Wie viele andere Fledermausarten begibt sie sich meist in der frühen Dämmerung, etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang auf die Jagd. Im Frühjahr oder im Herbst lässt sie sich mitunter bereits am Tage blicken. Dann gilt es den enormen Hunger nach dem Winterschlaf zu tilgen bzw. vor dem Aufbruch ins Winterquartier ein ausreichendes Fettdepot für die lange, nahrungslose Zeit anzulegen.

Winterliche Kontrollen haben im Westerwald gezeigt, dass die Kleine Bartfledermaus, regelmäßig in den bergbaulich aufgegebenen Stollen zu finden ist. Die Art wurde im Westerwaldkreis wiederholt bei Netzfängen auch im Sommer festgestellt.

 

Wussten Sie,...dass man die Jungtiere der Kleinen Bartfledermaus deutlich von den Alttieren unterscheiden kann? Neben der für Jungtiere typischen, geringeren Körpergröße haben sie nämlich zudem ein dunkleres Fell.


Wasserfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)
Wasserfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)

 

Die "Wasserfledermaus" - Leben auf großem Fuß 

 

 

Seit je her üben Sonnenuntergänge auf romantische Menschen eine besondere Faszination aus. Nicht nur verliebte Pärchen genießen die kurze Zeit des Abendlichtes. Naturbegeisterte Menschen wissen, dass in den Abendstunden viele Tiere besonders gut zu beobachten sind. Deshalb warten sie geduldig auf die heimlichen Lebewesen. Setzen Sie sich zu dieser Zeit doch einfach ins Gras am Rande eines Weihers oder an eine kleine Talsperre und lassen sie die Dunkelheit um sich hereinbrechen. Aber bitte nicht vergessen, regelmäßig einen Blick auf die Wasseroberfläche zu werfen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird früher oder später eine kleine Fledermaus auftauchen, die dicht über der Wasseroberfläche ihre Kreise zieht. Eh man es sich versieht, ist sie schon wieder aus dem Blickfeld verschwunden. Aber Geduld, es dauert nicht lange und das Tierchen wird in regelmäßigen Abständen erneut Ihr Blickfeld kreuzen.

Im Westerwald ist bei einer solchen Beobachtung oft von einer Wasserfledermaus auszugehen, die über dem kühlen Nass nach Insekten jagt. Hätte man jetzt ein stark vergrößerndes, besonders scharfes Nachtsichtgerät bei sich, was den meisten Menschen wohl kaum vergönnt sein dürfte, würde bei genauerem Hinsehen ein Paar überdimensionierter, dicht behaarter Füße auffallen. Welchen Zweck diese erfüllen, lässt sich nur mit Hilfe einer Zeitlupenaufnahme beobachten. In den zeitlich stark gerafften Bildfolgen wäre nämlich zu erkennen, dass die Wasserfledermaus auf der Wasseroberfläche treibende Beutetiere mit ihren als „Schöpfkelle“ dienenden Füßen, abfischt. Bei genauer Betrachtung ist ein Vergleich der Füße mit einem Baseball-Handschuh nicht abwegig. Eine größere Handoberfläche steigert den Fangerfolg bekanntermaßen deutlich! Ihren Namen trägt die Wasserfledermaus nicht zu Unrecht.

Neueste Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Tiere über 95 % ihrer allnächtlichen Jagdzeit über Flüssen, Bächen und Seen verbringen. Dabei legen sie pro Nacht bei einer Geschwindigkeit von 16 - 23 km/h eine Flugstrecke von bis zu 200 Kilometern über dem Jagdgewässer zurück. Gelegentlich kommt es vor, dass Wasserfledermäuse bei ihrem Jagdflug versehentlich ins Wasser stürzen. In diesem Fall benutzt sie (wie alle Fledermausarten in einer solchen Situation) ihre Flügel, um sich nach einer kurzen Schwimmstrecke von der Wasseroberfläche abzudrücken und in die Lüfte zu erheben.

Den Sommer über hält diese Art ihren Tagesschlaf bevorzugt in Baumhöhlen oder in engen Spalten von Dachböden, Fensterläden oder Mauerspalten. Höhlen, Stollen, Bunker, Keller und alte Brunnen zählen hingegen zu ihren bevorzugten Winterquartieren, vorausgesetzt sie weisen eine Durchschnittstemperatur von 3 - 8 °C und eine relative Luftfeuchtigkeit von 85 % auf. In den frostfreien Unterschlüpfen hält es die Wasserfledermaus, im Vergleich zu anderen Arten, nicht lange aus, denn als eine der ersten Fledermausarten verlässt sie schon im März den behaglichen Unterschlupf.

Erfreulicherweise hat sich der Bestand an Wasserfledermäusen, wie auch der meisten anderen Fledermausarten im Kreisgebiet wieder etwas erholt. Dies ist vermutlich neben dem Schutz vieler Fledermausquartiere, auf die letzten trockenen Sommer und milden Winter zurückzuführen.

 

Wussten Sie,...dass viele Wasserfledermausmännchen die Weibchen schon während des Winterschlafs in ihrem Quartier aufsuchen, um sich mit ihnen zu verpaaren? Die Weibchen sind dann oft noch zu träge, um sich der aufdringlichen Freier zu erwehren.


Fransenfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)
Fransenfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)

 

Die „Fransenfledermaus“ – Auf sie kann man sich verlassen

 

 

Alle Jahre wieder kontrollieren ehrenamtliche Mitglieder des NABU und Mitarbeiter des Arbeitskreises Fledermausschutz Rheinland-Pfalz (AKFR) bis zu 200 Fledermauskästen in der Verbandsgemeinde Wallmerod. Geht es ins Kastenrevier bei Hundsangen, herrscht unter den Mitarbeitern immer ein wenig Aufregung. Ganz besonders hat es ihnen hier die wettergegerbten Fledermauskästen Nr. 37 – Nr. 39 angetan. Mit wissendem Schmunzeln steigt einer der „Kastenkontrolleure“ die Aluleiter hinauf und hebt die vordere Abdeckung der Nisthilfe ab. Ein kurzes bestätigendes Nicken zu seinen Kollegen und die mit Handschuhen bewehrte Hand greift in das Innere des Kastens. Sehr behutsam zieht sie ein kleines, braunes Tierchen hervor, welches heftig zeternd das Mäulchen aufreißt. Ein kurzer Blick auf die Schwanzflughaut der Fledermaus und es ist klar, dass es sich um ein Fransenfledermausmännchen handelt. Selbstverständlich dürfen Fledermäuse, die nach der Bundesartenschutzverordnung als besonders geschützte Tiere gelten, nur mit behördlicher Genehmigung in die Hand genommen werden!

Die Fransenfledermäuse in diesem Kastenbezirk ist ein schönes Beispiel dafür, wie ortstreu viele Fledermäuse sind. Auch Fransenfledermäuse sind dafür bekannt, dass sie oft Jahr für Jahr die gleichen Schlupfwinkel aufsuchen. Besonders wanderfreudig ist die Art jedoch nicht. Die Distanzen zwischen Sommer - und Winterquartier liegen meist unter 60 Kilometern.

Der Name Fransenfledermaus nimmt Bezug auf eine Reihe kleiner Härchen, die den Rand ihrer Schwanzflughaut säumen. Der Sinn dieser Fransen ist noch nicht eindeutig erforscht. Es wird jedoch vermutet, dass die kleinen Borsten mit der Jagdweise der Fransenfledermaus in Zusammenhang stehen. Die Art jagt nämlich gern inmitten des Waldes. Um dort nicht ständig mit Zweigen und Blättern zu kollidieren, muss man sich als Fledermaus im Laufe der Evolution schon etwas „überlegen“, um hier erfolgreich zu sein. Hier leisten die Härchen einen guten Dienst, da sie offenbar als Tastorgan dienen. Aber allein mit Hilfe der Tasthärchen lässt sich das Fliegen im Wald nicht optimieren. Aus diesem Grund haben Fransenfledermäuse im Lauf der Evolution kurze breite Flügel entwickelt, mit denen hervorragend auf engstem Raum manövriert werden kann. Außerdem ist die Frequenz ihrer Ortungsrufe so breit gestreut, dass selbst Spinnen in ihren Netzen entdeckt werden können.

Was das Verlassen der Winterquartiere betrifft, ist die Fransenfledermaus im Vergleich zu anderen Fledermausarten eher ein Frühaufsteher, denn bereits ab Mitte März suchen die ersten Tiere ihre Nahrungshabitate auf.

 

Wussten Sie,...dass Fransenfledermäuse regelmäßig in Kuhstellen entdeckt werden in die das Vieh allabendlich hineingetrieben wird? Hier lesen sie im wahrsten Sinne des Wortes die Scharen dicker Fliegen von der Wand ab.


Rauhautfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)
Rauhautfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)

 

Die „Rauhhautfledermaus“ – Klein aber oho!

 

 

Die letzten Nachtfröste sind ins Land gegangen. Im schwindenden Abendlicht verklingt der melodische Gesang der Singdrossel. Da kommt plötzlich eine kleine, vogelähnliche Gestalt in schnurgeradem Flug entlang der Holzbachschlucht Richtung Nordosten geflattert. Wenige Sekunden später ist sie aus dem Blickfeld des Beobachters verschwunden. Es ist die daumengroße Rauhhautfledermaus. Sie hat noch eine lange Reise vor sich, denn zu den Paarungsgebieten in Ostdeutschland oder im Baltikum ist es sehr weit.

Die Art gehört zu jenen Fledermäusen, welche größere Strecken im Flug zurücklegen um in gemäßigteren Klimabereichen zu überwintern. Dies ist jedoch bei Fledermäusen nichts Ungewöhnliches. Beispielsweise ziehen auch Abendsegler und Zweifarbfledermäuse über große Distanzen. Bei der Rauhhautfledermaus ist jedoch die im Verhältnis zur Körpergröße zurückgelegte Zugstrecke besonders beeindruckend. Von den baltischen und nordpolnischen Populationen dieser gerade einmal zaunköniggroßen Fledermäuse ist nämlich bekannt, dass sie regelmäßig Hunderte von Kilometern Zugdistanz in Kauf nehmen, um die traditionellen Überwinterungsgebiete, im Extremfall in Südfrankreich oder Norditalien, zu erreichen. So erstaunt es aber dennoch, dass dieser Winzling mit nicht weniger als 1900 Kilometern Flugstrecke zwischen Sommer- und Winterquartier den derzeitigen Streckenrekord bei den heimischen Fledermäusen hält!

Im Westerwald gehört die Art jedoch zu den Ausnahmeerscheinungen unter den Fledermäusen. Dies liegt nicht etwa daran, dass sie besonders selten ist. Vielmehr wird die Beobachtungsmöglichkeit dadurch erschwert, dass die Tiere während der nächtlichen Zugzeit von April bis Mai bzw. August bis September relativ rasch bei uns durchziehen oder nur kurz rasten.  Deshalb konnte im unteren Westerwald bisher erst nur eine rastende Rauhhautfledermaus festgestellt werden.

 

Wussten Sie,... dass Rauhhautfledermäuse ihren Namen von der fast vollständig behaarten Oberseite ihrer Schwanzflughaut haben? Jene Härchen tragen offenbar dazu bei, den Wärmeverlust bei kühler Witterung noch effektiver zu verringern.


Braunes Langohr (Foto: Marcel Weidenfeller)
Braunes Langohr (Foto: Marcel Weidenfeller)

 

Das „Braune Langohr“ – Ohrschützer inklusive

 

 

Es ist eigentlich immer das Gleiche, wenn die heimischen Fledermauskenner interessierte Fledermaus-Einsteiger zu Stollenkontrollen mitnehmen und sie plötzlich auf eine bestimmte, ruhig an der Wand hängende Fledermaus hinweisen. Als erstes erklingt nämlich eine verwunderte Feststellung: “Die hat aber lange, spitze Ohren!“ Jene Behauptung ist aber keineswegs abwegig, denn die meisten Fledermausarten haben wirklich auffällige, große Ohren. Nur in diesem Fall des Braunen Langohrs liegt der Sachverhalt ein wenig anders. Das, was sich neben den Kopfseiten so auffällig nach vorn streckt, ist nämlich nicht das eigentliche Ohr, sondern der sogenannte Tragus oder Ohrlappen. Die Leser und Leserinnen werden jetzt natürlich mit Recht fragen, was denn in aller Welt ein Tragus oder Ohrlappen sei. Diese Frage lässt sich sehr anschaulich beantworten. Stecken Sie dazu einfach den Daumen ins Ohr und drücken Sie ihn sacht in Richtung Nase. Was Ihnen nun Widerstand leistet ist – Ihr Tragus! Aber woher hat das Braune Langohr denn nun wirklich seinen Namen? Jene Frage lässt sich ebenfalls leicht beantworten, wenn Sie sich einfach das nebenstehende Foto eines Braunen Langohrs betrachten. Die großen Ohren sind hervorragend dazu geeignet, einer Eule gleich Krabbel- und Flattergeräusche von Beutetieren zu orten. Aufmerksame Leserinnen und Leser werden jedoch die nächste Frage stellen, wo denn die eigentlichen langen Ohren bei dem oben beschriebenen, winterschlafenden Tier geblieben waren. Sie waren keinesfalls abgefroren, sondern gut versteckt unter die Flügel geklemmt. Dieses Verhalten schützt die 4 cm langen pergamentartigen Körperteile vor Austrocknung oder Erfrierungen. Leider geschieht Langohren im Winter manchmal ein Malheur, weil eines der Ohren unter der Flughaut hervorflutscht. Es wurden schon viele Individuen entdeckt, deren Ohrspitzen weggefroren waren, was u.a. auf ein derartiges Missgeschick während des Winterschlafes schließen lässt.

Während einer Kontrolle von Westerwäldern Kirchtürmen und Kirchstühlen, aber auch auf einzelnen  Böden von Wohnhäusern konnten diverse Wochenstuben des Braunen Langohres entdeckt werden. Die Bezeichnung „Wochenstube“ rührt daher, dass sich, je nach Fledermausart, wenige bis einige Tausend trächtige Weibchen im Sommer an besonders geeigneten Plätzen zusammenschließen, um dort gemeinsam ihre Jungen zu gebären und aufziehen. In der Regel entdeckt man die Braunen Langohren nicht direkt in ihren Sommerquartieren, sondern findet Spuren die auf ihr Vorkommen hinweisen. Meistens sind es größere Ansammlungen abgebissener Schmetterlingsflügel die ihre Anwesenheit verraten. Verständlicherweise scheinen Fledermausflügel nicht gerade den Geschmack Brauner Langohren zu treffen. Haben Sie schon mal versucht, auf einem Schmetterlingsflügel herum zu kauen? Die Braunen Langohren hängen sich zum Verspeisen der Beute gern an einen bestimmten Punkt an der Decke und lassen die Insektenflügel einfach zu Boden fallen.

 

Wussten Sie,...dass Braune Langohren sehr alt werden können? Das älteste, bekannte Tier hatte 30 Lebensjahre auf dem Buckel! Für Kleine Tiere wie Fledermäuse eine beachtliche Leistung.


Zwergfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)
Zwergfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)

 

Die „Zwergfledermaus“ – Winzling aus dem Rollokasten 

 

 

Gähnend begibt sich Frau Meier zum Schlafzimmerfenster, wie an jedem Morgen ist sie durch den Wecker ein wenig unsanft aus dem Schlaf gerissen worden. Ein schöner Augusttag! Gerade recht, um die Morgenfrische ins Zimmer strömen zu lassen. Mit Elan fliegt die Gardine zur Seite, doch bevor das „auf Kippe“ stehende Fenster vollständig geöffnet werden kann, ertönt ein spitzer Schrei durch das Nachtgemach. Spätestens jetzt sitzt Herr Meier, der den ersten Wecker nicht gehört hatte, senkrecht im Bett. Mit erstickter Stimme weist seine Gemahlin zitternd auf den Fensterrahmen hinter der Gardine. „N´ oller Nachtfalter,“ murmelt Herr Meier schlaftrunken, nachdem er das kleine Objekt, welches den Schrecken hervorgerufen hat, mit seinen noch müden Augen genauer erkennen kann. Mittlerweile ist er sich seiner Sache schon nicht mehr so sicher und schlurft in seinen Schlappen zum Fenster. „Näää! Dat is ´n Vogel!“ Tönt es überzeugt aus seiner Kehle. Frau Meier weist ihren Mann zu Recht darauf hin, dass dieser „Vogel“ aber keinerlei Federn habe und vielleicht eine Fledermaus sei. Bevor es zum Familienkrach kommt, fällt Frau Meier ein, dass Sie irgendwann einmal in der Zeitung von einem Fledermaus-Infotelefon gelesen hat. Kurzes Kramen im Altpapierstapel, Anruf nebst kurzer Beschreibung und schon ist der Verdacht bestätigt. Der Winzling am Fensterrahmen ist eine Zwergfledermaus.

Lachen ist erlaubt, aber glauben Sie uns, dieses Erlebnis kann jeden von uns ereilen. Zwergfledermäuse sind nämlich dafür bekannt, dass sie im August und September vermehrt in Zimmern entdeckt werden. Die kleinste, gerade einmal 5 cm Länge messende, heimische Fledermaus zeigt zu dieser Zeit ein ausgeprägtes Schwarmverhalten. In der Regel sind es Jungtiere, die sich an diesem Ereignis beteiligen. Der Grund für dieses Verhalten ist meistens durch die Quartiersuche unerfahrener Jungtiere begründet. Scheinbar orientieren sich die Jungtiere z.T. an den Alttieren, um sich zu einem geeigneten Winterquartier führen zu lassen. In früheren Zeiten fanden viele dieser verirrten Zwergfledermäuse ihr jähes Ende, weil sie aus Unwissenheit einfach erschlagen wurden. Aber nicht nur im Spätsommer tauchen die Tiere in den menschlichen Siedlungsbereichen auf. Die Zwergfledermaus hat sich nämlich als unsere häufigste Fledermausart auf das Leben in Dörfern und Städten spezialisiert. Außerhalb der Schwärmphase sieht man die Tiere selten, weil sie sich dann unter Dachverschalungen, hinter Fensterläden, unter Schieferplatten oder in Mauerritzen, ja sogar in Rollokästen verborgen halten. Nachts kann man die Tiere jedoch oft um Straßenlaternen herum jagen sehen. Hier finden sie nämlich ein reichhaltiges Angebot an Mücken und Kleinschmetterlingen, ihrer Leibspeise. Das Zusammenleben zwischen zwei Arten in gegenseitigem Nutzen, in unserem Fall sind es Mensch und Fledermaus, wird auch als Symbiose bezeichnet. Ganz klar, wir geben der Zwergfledermaus was sie zum Leben braucht, dafür hält sie uns die lästigen Mücken und Schnaken vom Leib.

Die Situation der gemeinsamen Wohnungsteilung kann den kleinen Zwergen aber auch große Probleme bereiten. Nicht selten kommt es vor, dass durch Renovierungsarbeiten und bei der Verwendung von giftigen Holzschutzmitteln Zwergfledermausquartiere meist unbewusst zerstört bzw. die Tiere getötet werden. In solchen und allen anderen Fragen, die sich um Fledermäuse ranken, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf! Wir werden uns bemühen, Ihre Fragen zu beantworten. Bei Bedarf kommen wir auch bei Ihnen vorbei, um eventuelle Probleme gemeinsam zu lösen.

 

Wussten Sie,...dass im November 2000 unzählige Zwergfledermäuse das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Montabaurer aufsuchten, um sich dort in den Zimmern zu versammeln? Die Tiere betrachteten dein gekippte Fenster als Spalte zu einem Zwischen-, bzw. Winterquartier.


Kleiner Abendsegler (Foto: Marcel Weidenfeller)
Kleiner Abendsegler (Foto: Marcel Weidenfeller)

 

Der „Kleine Abendsegler“ – Pascha im braunen Pelz

 

 

Seit vielen Jahren schon besteht die Höhle in der uralten Stieleiche. Nachdem die Spechte den Brutplatz aufgaben, nutzten verschiedene Untermieter ihn im Laufe der Zeit als Unterschlupf. In diesem Jahr erscheint des Nachts erstmals eine ca. 7 cm lange Fledermaus vor der Höhle. Flatternd bleibt sie vor dem dunklen Loch in der Luft stehen, um zu erkunden, ob alles mit der Behausung in Ordnung ist. Endlich traut sie sich hinein und krabbelt an die Höhlendecke. Das Männchen des Kleinen Abendseglers, um das es sich hierbei handelt, wird sich nicht so einfach aus diesem idealen Versteck vertreiben lassen, ganz im Gegenteil. Energisch wird er den Schlupfwinkel gegen andere Männchen verteidigen. Ohne Zeit zu verlieren, beginnt er in regelmäßigen Abständen kurze „Zick“-Rufe auszustoßen. Uneingeweihte könnten denken, dass das Geschrei Beutegreifer anlocken dürfte. In der Tat ist es so, dass sich z.B. Stein- und Baummarder eine solche Beute nicht entgehen lassen würden. Aber der Kleine Abendsegler weiß genau, was er tut. Er ist nämlich in Hochzeitsstimmung. Mit seinen Balzrufen versucht er, so viele Weibchen wie möglich anzulocken, um sich mit ihnen zu verpaaren.  Es dauert auch nicht lange und die erste Angebetete erscheint am Flugloch. Unschlüssig lässt sie sich noch einige Strophen von dem Balzlied vorsingen, bevor sie sich in die Höhle begibt. Nach der Begattung verschwindet das Weibchen nicht etwa - nein, ganz im Gegenteil, sie wird nun einige Tage in dem idealen Unterschlupf zusammen mit dem Männchen verbringen. Aber die beiden Tiere bleiben nicht lange allein. Kurze Zeit nachdem das Männchen erneut mit den Balzrufen eingesetzt hat, taucht das zweite Weibchen vor dem Liebesnest auf, um sogleich darin zu verschwinden. In den nächsten Nächten gelingt es dem Männchen einen Harem (wie Fledermauskundler Paarungs-

ansammlungen von Fledermäusen nennen) von neun Weibchen um sich herum zu versammeln. Nun hat er sehr gute Aussichten, dass sich seine Gene noch über Jahre hinweg in der hier vorkommenden Kleinabendseglerpopulation halten werden. Aber gerade die Weibchen verfolgen eine gezielte Paarungsstrategie. Sie sind nämlich der eigentliche aktive Part bei der Partnersuche und wählen nur die besonders „schön“ singenden Männchen aus, mit denen sie sich fortpflanzen. Denn dabei handelt es sich um die kräftigsten Männchen mit den günstigsten Erbanlagen.

Die Jungen kommen jedoch nicht im Jahr der Verpaarung zur Welt. Das Sperma wird über den Winter hinweg im weiblichen Geschlechtstrakt gespeichert. Erst nach dem Winterschlaf im nächsten Frühjahr kommt es zur eigentlichen Befruchtung und Reifung der Eizelle. Mitte Juni wird dann eine neue Kleinabendsegler-Generation das Licht der Welt erblicken.

Der Kleinabendsegler hält den derzeitigen Vizerekord mit über 1500 Kilometern Zugstrecke zwischen Sommer- und Winterquartier.

 

Wussten Sie,...dass der Kleine Abendsegler bis auf Irland nirgends wirklich häufig vorkommt? Im südlichen Westerwald ist bis jetzt auch nur ein gesicherter Reproduktionsnachweis dieser Art aus Molsberg bekannt geworden.


Großer Abendsegler (Foto: Peter Fasel)
Großer Abendsegler (Foto: Peter Fasel)

Der „Große Abendsegler" – Frühaufstehen und Überflieger

 

 

Emsig schießen die Rauchschwalben und Mauersegler vor der roten Abendsonne hin und her um vor Eintritt der Dunkelheit noch ein paar fette Insektenhappen zu erhaschen. Fast unbemerkt haben sich ein paar größere Vögel unter die Insektenfänger gemischt. Sie verfolgen offenbar das gleiche Ziel. Aber irgendwie passen die Silhouetten nicht ins Vogelschema. Diese Vögel haben nämlich keine gegabelten Schwänze wie die Schwalben und Segler. Ganz im Gegenteil, ihre Schwänze sind spitz und ragen schwach sichtbar über den Körper hinaus. Leise, aber deutlich vernehmbar hört man metallisch klingende Rufe, die offensichtlich von diesen Tieren stammen. Jetzt ist alles klar, es handelt sich um Fledermäuse, die scheinbar zu früh ihre Tagesquartiere verlassen haben. Es sind Große Abendsegler, neben dem Großen Mausohr die größten heimischen Fledermäuse.

Große Abendsegler sind dafür bekannt, dass sie schon vor Sonnenuntergang auf Nahrungssuche gehen. Dabei rasen die Tiere mit ihren schmalen, langen Flügeln bis zu 50 km/h schnell über den Baumkronen dahin, geradlinig durch den Nachthimmel und schnappen sich wohlschmeckende Fluginsekten, die ihre Flugbahn kreuzen.

Bei uns kann man Große Abendsegler lediglich im Frühjahr oder Herbst (insbesondere im Oktober) auf dem Weg zu den Sommer- bzw. Winterquartieren beobachten, wenn sie dem Westerwald einen kurzen Besuch abstatten oder einfach „durchrauschen“. Deshalb ist er bei uns auch mit dem Fledermausdetektor nicht gezielt zu erfassen. Sämtliche Nachweise aus dem Kreisgebiet stammen deshalb von fliegenden, verletzten oder kurzzeitig rastenden Tieren. Bei einer solchen Rast gelang es dem Fledermausschützer Marcel Weidenfeller einen beringten Abendsegler in einem Fledermauskasten nachzuweisen. Der Abendsegler wurde als Jungtier in Prenzlau mit einem Ring versehen und legte eine Strecke von über 400 km zurück um bei Hundsangen im südlichen Westerwald eine Rast einzulegen. Für längere Aufenthalte bleibt den Tieren aber wenig Zeit, bedenkt man, dass viele Große Abendsegler ausgesprochene Langstreckenzieher sind. Mit einer Zugstrecke von nachgewiesenen 1546 Kilometern zwischen Sommer- und Winterquartier ist die Art Bronzemedaillengewinner unter den heimischen Fledermäusen.

In seinen Sommerlebensräumen die vorwiegend im Flachland liegen, bezieht der Abendsegler gern Baumhöhlen aber auch Risse in älteren Bäumen. Bei einem Mangel an natürlichen Höhlen nimmt er auch Fledermauskästen an. Er wurde sogar schon in hohlen Betonlichtmasten und einmal in den Spalten zwischen den Platten eines Neubaublockes entdeckt. Im Winterquartier das teilweise in Südfrankreich liegt, bevorzugen die Tiere dickwandige Baumhöhlen und tiefe Felsspalten.

 

Wussten Sie,...dass sich das größte bekannte Wintervorkommen des Abendseglers in Deutschland mit mindestens 5000 Individuen in der Levensauer Hochbrücke bei Kiel befindet? Ein Zeichen dafür, wie eng sich die Tiere bereits dem Menschen angepasst haben.


Zweifarbfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)
Zweifarbfledermaus (Foto: Marcel Weidenfeller)

 

Die „Zweifarbfledermaus“ – Manche mögen´s kühl

 

 

Düster ragen die Hochhäuser am Rand der Stadt gen Himmel. Der kühle Novemberabend verstärkt den unwirtlichen Eindruck. Zwei unentwegte Fledermauskundler sind jedoch auch heute im Dunkeln unterwegs. Langsamen Schrittes gehen sie durch die Straßen der Siedlung. Ein Passant kommt ihnen entgegen. Nachdem er ihre Fledermausdetektoren entdeckt hat, fragt er nach dem Grund ihres Vorhabens. Als ihm mitgeteilt wird, dass man auf der Suche nach Fledermäusen sei, ernten sie nur ein kopfschüttelndes Lachen. „Fledermäuse? - um diese Jahreszeit? Die halten doch schon längst Winterschlaf!“ Eh die beiden etwas erwidern können, hat der Fragesteller schmunzelnd seinen Weg fortgesetzt. Hätte er ein wenig mehr Geduld gehabt, wäre er schnell eines Besseren belehrt worden. Die beiden Forscher empfangen nämlich, anfangs schwach, später immer stärker, typische, schrille Töne aus den Lautsprechern der Detektoren. Nun sind die Rufe sogar mit dem bloßen Ohr zu vernehmen! Unverkennbar erklingen die Laute rund um das höchste der Gebäude. Die Fledermauskundler haben einen Volltreffer gelandet. Mindestens drei Zweifarbfledermausmännchen können sie unterscheiden, die nach paarungsbereiten Weibchen rufen.

Handelt es sich hierbei etwa um einen Scherz, den sich die Natur da leistet? Keinesfalls, Zweifarbfledermäuse sind in den Monaten Oktober und November besonders gut mit dem Fledermausdetektor zu entdecken. Dann haben sie ihre Hochbalz und sind extrem ruffreudig. Personen mit einem guten Gehör können die Rufe auch ohne technische Hilfsmittel deutlich vernehmen.

Woher Zweifarbfledermäuse im Westen Deutschlands stammen, ist oft nur selten zu klären. Teilweise handelt es sich um Durchzügler aus dem Osten. Viele der in Westdeutschland bekannten Kolonien, bestehen fast ausschließlich aus Männchen. Oft tauchen die Tiere an unerwarteten Orten auf; dann sind sie wieder jahrelang verschwunden. Ein unter Fledermauskundlern bekannter Beobachtungspunkt, den Zweifarbfledermäuse regelmäßig im Spätherbst aufsuchen, ist der Freiburger Münster im Breisgau.

Aber auch im Westerwaldkreis wurde die Art schon im Winterhalbjahr festgestellt. Ein Tier stammte aus höheren Stockwerken des Herz-Jesu-Krankenhauses in Dernbach. Auch durch einen Reproduktionsverdacht dieser Art im Rhein-Lahn-Kreis ist es sehr wahrscheinlich, dass sich Zweifarbfledermäuse regelmäßiger als wir denken, bei uns aufhalten. Zukünftige, gezielte Untersuchungen sollen helfen, das Geheimnis dieser Tiere bei uns ein wenig zu lüften.

 

Wußten Sie,...dass in Deutschland bisher nur wenige Wochenstuben bekannt geworden sind? Mit Sicherheit existieren jedoch weitere, unentdeckte Wochenstuben andernorts in Deutschland.


Kleine Hufeisennase (Foto: Rolf Klenk)
Kleine Hufeisennase (Foto: Rolf Klenk)

Die „Kleine Hufeisennase“ – Ein Kulturfolger verabschiedet sich

 

 

Wir sind im Jahr 1952. Ruhig hängen die Fledermäuse in ihren Flughäuten eingewickelt an der Decke des alten Schieferstollens bei Niedererbach im Westerwald. In ihrem Winterquartier fühlen sie sich offenbar sehr ge- borgen, was ihr tiefer Winterschlaf beweist. Plötzlich erscheint ein kleiner Lichtkegel, der immer größer wird. Schließlich erfasst er die schlafenden Fledermäuse. Es sind die  Fleder-

mausforscher  Issel, Felten, Frick und Krammpitz, welche die einst häufige Art, Kleine Hufeisennase, die ihrem Namen alle Ehre macht, mit Hilfe einer Taschenlampe in den 1950gern Jahren betrachteten. So wurden die Tiere in den Aufzeichnungen der Forscher verewigt. Aber schon bald, ab den 1970ger Jahren, werden bei Kontrollgängen weder sie noch andere Naturfreunde je wieder ein Exemplar dieser Fledermausart entdecken. Was die damaligen Fledermausforscher nicht wissen konnte; das die festgestellten Niedererbacher Exemplare die wohl letzten ihrer Art, im Westerwald waren – mit anderen Worten: die Kleine Hufeisennase ist die einzige, in heimischen Gefilden mit Sicherheit ausgestorbene Fledermausart - trauriger, jedoch guter Anlass etwas genauer auf jene Fledermausart einzugehen.

Der berühmte Fledermausforscher Koch bezeichnete die Art noch Mitte des 19. Jahrhunderts für das Herzogtum Nassau und seine angrenzenden Bereiche als “...in allen Bergwerken überall verbreitet bis hoch in die Gebirge hinauf.“. Damals hätte er sich wohl kaum vorstellen können, dass die einst häufige Art innerhalb eines Jahrhunderts vollständig aus dem Westerwald verschwinden würde. Wesentliche Faktoren für den Niedergang dieser Fledermaus bei uns sind das großflächige Fehlen von zugfreien Dachböden, Speichern etc. die uneingeschränkte Ein- und Ausflugmöglichkeiten gewährten und der jahrzehntelang starke Einsatz von insektentötenden Holzschutzmitteln, aber auch das zunehmende Fehlen geeigneter Jagdlebensräume. Mitteleuropäische Hufeisennasen sind im Sommerhalbjahr nämlich ausgesprochene Hausfledermäuse, also Kulturfolger. In diesem Zusammenhang sollen Hauseigentümer dazu ermuntert werden,  Fledermäusen entsprechende, giftfreie Wohnmöglichkeiten offen zu halten, da auch so manch anderer Schädlingsvertilger davon profitiert.

Die steigenden Bestände thüringischer Kleinhufeisennasen-Kolonien lassen jedoch hoffen, dass die Art irgendwann einmal erneut zu uns vordringen könnte. Ob wir diesen Moment jemals erleben werden, ist momentan schwer vorherzusagen. Die extrem ortstreue Art ist nämlich dafür bekannt, dass sie kaum einmal mehr als 50 Kilometer zwischen ihren Sommer- und Winterquartieren zurücklegt.

 

Wussten Sie,...dass die Kleine Hufeisennase im Gegensatz zu allen anderen heimischen Fledermausarten ihre äußerst hohen Ultraschalllaute durch die Nase aussendet? Oft nutzen die Tiere kleine Zweige als Ansitzwarten, um von dort ihre Jagdflüge auf Nachtinsekten zu starten.